
Nach dem wunderschönen Montpellier ging es nach Toulouse. Hier mein erster Eindruck und Satz aus meinem handgeschriebenen Reisetagebuch:
Ich bin echt schockiert von der Hässlichkeit dieser Stadt.
Der Tenor des Reiseberichtes ändert sich leider nicht mehr. Toulouse war ein Reinfall, aber von vorne:
Heiß war es bisher in jeder Stadt, aber in Toulouse kam nun eine unpackbare Schwüle hinzu. Mit meinem halbkaputten Koffer (wie die Koffergeschichte ausgegangen ist, könnt ihr hier nachlesen) habe ich mich zunächst auf die Suche nach meinem Hotel gemacht, das nur wenige Minuten vom Bahnhof entfernt liegen sollte. Bereits der Weg dorthin gestaltete sich jedoch als Odyssee: Ich habe mich verlaufen, musste x-mal nach dem Weg fragen und wurde mehrmals angesprochen und mit Pfiffen verfolgt.
Das Bahnhofsviertel ist nämlich auch bekannt als das Rotlichtviertel. Leider habe ich das erst vor Ort erfahren. Von einem Einheimischen wurde mir später sogar geraten, abends nicht mehr alleine auf die Straße zu gehen.
Ich habe mich daher, wie man sich wahrscheinlich vorstellen kann, sehr sehr unwohl gefühlt. Kurz habe ich sogar mit dem Gedanken gespielt, diese Stadt SOFORT wieder zu verlassen und gleich weiter nach Bordeaux zu fahren, ABER es war bereits alles bezahlt … und als Studentin … Zudem bin ich ja dafür bekannt, vorschnell zu urteilen. „Jetzt gib der Stadt doch noch eine Chance. Wer weiß, was noch passiert“, habe ich mir gesagt (Die Ironie dieses Satzes offenbart sich weiter unten.) Also bin ich nach dem Einchecken neuen Mutes losgegangen.
Wenige Minuten später befand ich mich im Zentrum der Stadt.

Es ist hier auffallend viel Polizei unterwegs. Ich wundere mich zwar kurz, schenke dem aber keine weitere Beachtung (fatal, wie sich später herausstellt).
Ich schlendere weiter, immer auf der Suche nach „schönen“ Motiven (was sich hier wiiirklich schwierig gestaltete).
Ich habe, glaube ich, noch nie so eine dreckige Stadt gesehen.
Die Garonne hat ungefähr den Charme der Donau.
Endlich, mein erstes schönes Motiv: die Ecole des Beaux-Arts (Nomen est omen):

Trotz anfänglicher Widrigkeiten hatte sich meine schlechte Laune nun etwas gelegt und meine Stimmung gebessert. Just als ich mich ich mich mit dem Gedanken, hier nun 2 Tage verbringen zu müssen, angefreundet hatte, geschah das Unfassbare. Die Straße, die ich eben noch zum Fotografieren passierte, war plötzlich gesperrt. Es dauerte eine Weile bis ich begriff, was hier los war …
Man erklärte mir, ich könne in die andere Richtung (die stadtauswärts führte) gehen. Da ich jedoch in der Innenstadt verabredet war und zudem keine Ahnung hatte, was ich auf der anderen Seite der Garonne machen sollte, wartete ich mit dutzend anderen ab … In regelmäßigen Abständen erklärte man uns, es würde nur noch einige Minuten dauern. Im Endeffekt wurde ich sage und schreibe eine Stunde lang auf dieser Brücke festgehalten. Und das in einem demokratischen Land wie Frankreich!!
Ihr fragt euch nun sicher, weswegen überhaupt. Chinesischer Staatsbesuch. Ja, alles wegen eines chinesischen Ministers! Alle 10 Minuten fuhr genau EIN Auto vorbei, dazwischen: NICHTS. Ein Mann meinte, er wohne gleich gegenüber, ob er nicht schnell passieren dürfe. Der Securitymann aber blieb standhaft. Vorschrift ist Vorschrift. „Non, Monsieur.“ Puh, hartes Pflaster hier.
Und hier ein Foto dieser Willkür:
Nebenbei bemerkt: Es hatte ca. 33 Grad, war extrem schwül und meine Wasservorräte waren aufgebraucht.
Meine Bekanntschaft zeigte sich dazu später sehr gelassen und meinte nur trocken:
Bienvenu en France!
„Das kommt hier öfters vor“, legte er nach und fragte, ob das in Österreich anders sei. „Jaa!! Also so etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nie erlebt!“, klärte ich ihn auf, ehe wir die Stadtführung gemeinsam fortsetzten.
Sie standen noch unter dem Eindruck von Montpellier (wo ich leider noch nicht war), da hatte es Toulouse nicht
einfach – genau wie bei meinem Aufenthalt 2016 in Tallinn/Estland.
Riga/Lettland hatte mich lange Jahre vorher ungeheuer begeistert, da hatte es Tallinn nicht einfach, zu allem kam noch hinzu, dass das Hotel in Tallinn sehr enttäuschend war.
Toulouse hatte ich schon ins Auge gefasst – wenn ich es realisiere, mal sehen….
MfG
Roth
LikeGefällt 1 Person
Wir waren im November spontan in Toulouse. Ich kann dir recht geben eine Schönheit ist die Stadt nicht – aber wenn man genauer hinguckt findet man schöne Ecken.
Wir haben auch direkt gegenüber vom Bahnhof gewohnt. Gibt es eine Stadt, das Rotlichtviertel war nicht störend – eher im Gegenteil. Wir haben im Supermarkt nette Bekanntschaften gemacht, die eindeutig zum Milieu gehörten.
Vielleicht guckst du das nächste Mal ins Convent des Jacobins und ins Areoscope. Uns hat es beeindruckt.
http://vonortzuort.reisen/frankreich/okzitanien/toulouse-2-tipps/
http://vonortzuort.reisen/frankreich/okzitanien/aeroscopia-airbus-museum-toulouse/
Lieben Gruß, Susanne
LikeGefällt 1 Person
So langsam tendiere ich für nächstes Jahr auch zu Montpellier als Quartier.
Außerdem gibt es gute Flugverbindungen ab Düsseldorf.
Abstecher nach Toulouse, was Ihnen ja nicht so gut gefiel, ist ja möglich, genau wie nach Nimes.
Eigentlich eine „Ecke“ im Süden Frankreichs, die mir noch fehlt.
Die Architektur von Montpellier ist ja teilweise Paris nachempfunden (Baron Haussmann), was mich an meine
Paris-Aufenthalte Ende der 70ger Jahre erinnert.
MfG
Roth
LikeGefällt 1 Person