
Korsika ist ein einziges großes Postkartenmotiv im Maßstab 1:1 und noch dazu in 3D. Besser geht es nicht. Dementsprechend sehen auch die Fotos aus, die der Korsika-Tourist gerne mit nach Hause bringt und seinen Freunden und Bekannten – gefragt oder ungefragt – gerne unter die Nase hält (auch noch Wochen und vielleicht sogar Jahre nach dem Urlaub). Aber wie sagt schon ein altes Sprichwort: Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Das gilt auch für Korsika. Und hier heißt der Schatten Bastia.
Zuallererst muss man zur Verteidigung von Bastia das Offensichtliche festhalten: Bastia ist eine Hafenstadt. Hier legen täglich viele Fähren an, die Touristen und Einheimische mit dem Festland verbinden. Bastia hat also einen – zugegebenermaßen nicht unwesentlichen und volkswirtschaftlich vermutlich für Korsika sogar äußerst bedeutsamen – Zweck. Ist es aber schön? Sollte man hier vielleicht verweilen und eine Besichtigungstour machen, ja vielleicht sogar einen (Halb-)Tag der wertvollen Urlaubzeit verbringen? Die Antwort ist ganz klar: Nein.
Bastia bietet weder schöne Strände noch mondäne Flaniermeilen oder Ähnliches. Es ist auch weit davon entfernt, dem Bild des kleinen korsischen malerischen Fischerdörfchens zu entsprechen. Das findet man übrigens nur einige Kilometer weiter zum Beispiel in Erbalunga. Aber wieder zurück zu Bastia. Was wir hier an diesem Freitagnachmittag vorfinden: Leere Straßen und ziellos herumstreunende, etwas verloren wirkende Touristen unterschiedlichster Nationalitäten, die allesamt versuchen, die Zeit totzuschlagen, bis ihre Fähren (endlich) einlaufen. Sie bevölkern die schütter besuchten Cafés und Bistros in Hafennähe. Aus ihren Blicken ist klar zu erkennen, dass die Tristesse der Stadt schon auf sie abfärbt. Vielleicht hat der eine oder andere (so wie wir auch) am Anfang noch versucht, sich die Situation schönzureden und der Sache etwas Gutes abzugewinnen. Man könnte die Wartezeit doch gut für eine spontane Stadtbesichtigung nutzen! Vielleicht etwas entdecken, was man noch nicht kennt. Doch nach einer (kurzen) Wanderung durch die sogenannte „Altstadt“ folgt die Desillusionierung und es wird schnell klar: Hier gibt es nichts, was man nicht auch woanders schon tausendfach gesehen hat. Endlose Straßenzüge mäßig schöner Häuser, dafür zahlreiche Souvenirläden (aka Touristenfallen), ein Hauptplatz und eine Kirche. Toll. Was am Ende bleibt, ist die Wartezeit auf die rettende Fähre, und die zahlreichen Cafés und Bistros in Hafennähe (die von den wartenden Touristen nur zu gerne profitieren). Dort sitzt man nun und wartet. Kollektiv. Auf die Fähre, die noch so weit weg ist. Wenn es das Wort „phlegmatisch“ nicht schon gäbe, für Bastia und seine bleierne Schwere hätte es erfunden werden müssen. Ob dieses Adjektiv auf eine Sache (hier: Stadt) angewendet werden kann, mögen die Germanisten entscheiden. Ich kann nur sagen: Wer Bastia, so wie ich, gesehen hat, der weiß, was ich meine.
Bekanntlich hat alles ein Ende (und nur die Wurst …). Im Fall von Bastia bedeutet „Ende“ das Eintreffen der Fähre. Unserer Fähre. Und gleichzeitig wird uns bewusst, dass das der Anfang vom Rest unserer Heimreise ist. Uns wird klar: Wir verlassen diese wunderschöne Insel. Vielleicht kommen wir mal wieder, wer weiß?
Am Fährterminal blicken wir auf die elektronische Anzeigetafel, um zu erfahren, welchen Fährterminal wir anfahren müssen, damit wir auch auf die richtige Fähre kommen. Am Informationsschalter hatte man uns kurz zuvor noch den falschen Fährterminal genannt. Aber egal. Am Ende schaffen wir es auf die richtige Fähre. Das alleine zählt. Nur nicht in Bastia stranden!
Während wir aus dem Hafen auslaufen, geht gerade die Sonne unter. In Bastia werden langsam die Lichter eingeschaltet und die Stadt wird immer kleiner. Während ich so an der Heckreling stehe und unter mir das Brausen des vom Schiffsantrieb aufgeschäumten Mehrwassers höre, erwische ich mich bei dem Gedanken, dass Bastia vielleicht gar nicht so schlimm ist (für eine klassische Hafenstadt). Hat Bastia aus dieser (zunehmenden) Entfernung betrachtet vielleicht sogar etwas Schönes? Ich erschrecke einen Moment über diese irgendwie obszönen Gedanken. Dann wende ich mich meiner Frau zu, die neben mir an der Rehling steht. Ich nehme sie in den Arm und gemeinsam erinnern wir uns an die beiden letzten wunderschönen Wochen auf Korsika, von dem wir jetzt Abschied nehmen müssen.
Fazit: Man muss Bastia als das sehen, was es ist: ein Fährhafen, ein notwendiger Zwischenstopp auf dem Weg zum Urlaubsziel auf Korsika bzw. auf dem Weg der Heimreise. Als touristisches Ausflugsziel taugt es meines Erachtens nicht.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Gastbeitrag von meinem Mann Paul.
Korsika, da haben wir schon Urlaub gemacht. Liegt bereits ein paar Jahre zurück, aber der Urlaub war mit einer der schönsten. Traumhafte Insel. Viele Grüße Birgit
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